Diese Hallen kann man nicht einfach abreißen

VON JÜRGEN ROHN UND ANDREAS MÖRING (Offenburger Tageblatt vom 05.03.2001)

Der Offenburger Architekt Gerhard Lehmann ist, wie das Kulturforum zeigt, Spezialist für die planerische Aufarbeitung historischer Bausubstanz. Auch er räumt ein, dass die Hallen des Ausbesserungswerkes wertvollere Bausubstanz darstellen, als die Ihlenfeldbauten. Deshalb kann er auch nicht verstehen, dass die AW-Hallen einfach abgeräumt werden sollten, um einem Knast von der Stange Platz zu machen.

Sie als Planer des Kulturforums auf dem Ihlenfeld-Areal haben sich sicherlich auch über die AW-Hallen ein Bild gemacht. Was halten Sie denn von dieser Bausubstanz.
LEHMANN: Ich finde es zunächst einmal sehr gut, dass Ihre Zeitung so für den Erhalt der Hallen kämpft. Ich bin mittlerweile auch ziemlich überzeugt, dass das gelingt. Es sind ohne Zweifel Kulturdenkmale. Und ich muss zugeben, dass sie im Prinzip besser sind als das, was auf dem Ihlenfeld-Areal steht.

Und beinahe wären sie sang- und klanglos geschleift worden.
LEHMANN: Da muss man der Bauverwaltung des Landes für ihren Dilettantismus einen großen Vorwurf machen. Die haben sich vorgestellt, ihre Planung von Schwäbisch-Hall auch in Offenburg zu verwirklichen. Und um das realisieren zu können, hätte man die bestehenden Hallen eben abräumen müssen. Aber so simpel sind Planungsvorgänge nun einmal nicht. Und so einfach kann man es sich heute nicht mehr machen. Das war nicht gut, wie sich die staatliche Hochbauverwaltung hier verhalten hat.

Wie hätte es denn laufen müssen?
LEHMANN: Man hätte das ganze Gelände einem Architektenwettbewerb unterziehen können. Damit wäre automatisch die Frage nach diesen Gebäuden gestellt gewesen. Und jeder vernünftige Planer hätte sich Gedanken gemacht, wie er neben oder in Verbindung mit historischer Bausubstanz etwas Neues plant. Jeder Architekt hätte sich mit den Hallen arrangiert bis hin zu der Möglichkeit, vielleicht eine der Hallen für das Gefängnis mit zu benutzen. Das ganze Projekt - und es handelt sich schließlich um eine Bausubstanz von 90 Millionen Mark - hätte einen völlig anderen Verlauf genommen.

Das ist aber nun nicht so gelaufen. Dennoch ist inzwischen die Chance sehr real, dass die Hallen stehen bleiben. Was könnten Sie sich denn da für Nutzungsmöglichkeiten vorstellen?
LEHMANN: Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in Offenburg so viel Bedarf haben an gastronomischen Einrichtungen, an Einrichtungen für Künstler und dies und jenes, dass das ohne weiteres zu vermarkten wäre. Aber das ist doch nicht die Frage. Selbst wenn wir im Moment nichts haben, können wir die Hallen doch nicht einfach abreißen.

Aber ein Wettbewerb beziehungsweise eine Gesamtplanung für das ganze Areal ist ja auch jetzt noch möglich.
LEHMANN: Na ja, man kann die Vollzugsanstalt nebendran bauen und sich dann um die historische Bausubstanz kümmern. Aber vernünftigerweise muss man sich in der Nachbarschaft von einem historischen Gebäude zwangsläufig anders verhalten, als wenn man auf der grünen Wiese baut. Aber um ein solches Problem zu lösen, dafür gibt es ja Architekten.

Also zusammengefasst: Sie haben jetzt auch wieder Hoffnung?
LEHMANN: Ja sicher. Ich glaube, das ist dem Druck Ihrer Zeitung zur verdanken. Staatliche Stellen sind da ja empfindlich. Also ich bin überzeugt, dass die Hallen erhalten bleiben. Alles andere wäre völlig unverständlich.



Moment-Aufnahme

VON ANDREAS MÖRING (Offenburger Tageblatt vom 05.03.2001)

Die Zukunft des Ausbesserungswerkes hängt von der Entscheidung über den Standort des neuen Gefängnisses ab. Drei Varianten sind im Gespräch:

  • der Erhalt der Hallen, die von Denkmalschützern als insgesamt erhaltenswertes Ensemble eingestuft sind. Unter Schutz stehen die beiden westlichen Gebäude.
  • der Teilabriss. Dann fielen die beiden nördlichen Hallen des Ausbesserungswerkes dem Bagger zum Opfer.
  • der vollständige Abriss der Hallen und der Bau des Gefängnisses auf dem heutigen AW-Gelände.
  • Justiz- und Finanzminister, Stadt und Bahn verhandeln derzeit über diese drei Alternativen. Dabei spielen die Kosten eine Rolle, die für eine Verlegung von Gleisanlagen anfallen würden. Ein lärmmedizinisches Gutachten steht noch aus. Alle drei möglichen Standorte wären gleichermaßen durch nächtlichen Rangierverkehr belastet.


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